Am 1. Oktober 1890 erhielt die Gemeinde Morsbach im heutigen oberbergischen Kreis in Nordrhein-Westfalen Anschluss an die Welt, denn es wurde die Eisenbahnstrecke Wissen – Morsbach der Preußischen Staatseisenbahn eröffnet. Von Wissen gab es Verbindungen nach Köln, Gießen und Siegen. Diese Strecke, genannt Wissertalbahn, wurde 1908 um die Strecke Hermesdorf – Morsbach mit Morsbach als Kopfbahnhof erweitert.
1898 wurde das Bahnhofsgebäude in Morsbach erbaut. Es wurde aus regionalen Grauwackeblöcken errichtet und ist ein Beispiel für den preußischen Stil für Bahnhofempfangsgebäude dieser Zeit: ein giebelständiger Mitteltrakt wird ergänzt durch zwei ungleichmäßig ausgebildete Flügelbauten. Einer der Seitenflügel ist zweigeschossig. Das Obergeschoß von Mitteltrakt und Seitenflügel beherbergte die Wohnung des Bahnhofsvorstehers. Im niedrigeren Seitenflügel war der Wartesaal untergebracht. Das Dach bekam aufwändige Schwebegiebel mit reichem Holzzierwerk. Das Bahnhofsgebäude ist so typisch, dass ein Modell davon ein Highlight auf jeder Modellbahnanlage wäre.
In den 1960er Jahren wurde zuerst der Personenverkehr und später auch der Güterverkehr eingestellt. Der Bahnhof wurde zuerst als Lager genutzt, stand anschließend jahrzehntelang leer und verfiel. 1988 wurde er wegen der Stilmerkmale der königlich-preußischen Eisenbahn unter Denkmalschutz gestellt, aber es dauerte noch bis 2017, als der Bahnhof in das Eigentum der Gemeinde Morsbach überging, dass über eine neue Nutzung als Kulturzentrum und Vereins-Treffpunkt entschieden wurde.
Das Architekturbüro Bonfanti-Architekten übernahm die Sanierung in Absprache mit dem Denkmalschutzamt. Dabei wurde das Gebäude entkernt, es wurden Wände entfernt und Decken tiefer gelegt, um Platz und eine durchgehende Ebene zu schaffen. Im Empfangsbereich wurden Zementfliesen von Mosáico in Gelb (M05) und Anthrazit (M31) durch das Fliesenhaus Oberberg diagonal verlegt. Das entspricht den originalen Fliesen, die sich sogar noch darunter befinden, wie mir Herr Bonfanti mitteilte. Die ursprüngliche Eingangstür wurde restauriert und dient nun als Windfangtür.
In der Eingangshalle ist nun ein Café mit Theke und Küchenbereich eingerichtet. Hier können die Morsbacher Vereine zu gemütlichen Treffen zusammenkommen.
Um die Eisenbahngeschichte hervorzuheben, wurde eine Wand des Cafés mit einem Bild des Kömpeler Tunnels bedruckt. Dieser Tunnel auf der Strecke von Morsbach nach Hermesdorf war mit 786 Metern für eine Nebenbahn ungewöhnlich lang. Diese gesamte noch existierende Strecke wurde 2003 ebenfalls unter Denkmalschutz gestellt und soll in Zukunft für Fahrten mit Fahrraddraisinen touristisch genutzt werden.
Der angrenzende ehemalige Wartesaal ist heute ein Veranstaltungsraum, in dem Vorträge oder Lesungen gehalten werden und hier kann auch geheiratet werden. Hier besteht der Fußboden aus diagonal verlegten Zementfliesen von Mosáico in Anthrazit. Das Brautpaar und seine Gäste können anschließend im Cafébereich ihren Sektempfang abhalten.
Im Obergeschoss sind Büros der Vereine und ein Konferenzraum untergebracht. Das Jugendzentrum Highlight hat ausser dem Büro auch noch Räume im Dachgeschoss und im Keller bekommen. Der Keller der ehemaligen Wagenhalle wurde von Schutt und alten Kohlenresten befreit und passend zu den rohen Grauwackewänden wurde eine unbehandelte Stahlwendeltreppe und ein Gussestrichboden eingefügt.
So hat der alte Bahnhof ein neues Leben als Kulturzentrum und Vereinstreffpunkt erhalten.
Alle Fotos sind von Wolfgang Grümer und wurden mir vom Architekturbüro Bonfanti freundlicherweise zur Verfügung gestellt.